Auch nach weit mehr als einem Jahr habe ich immer noch Verbesserungen in allen möglichen Dingen festgestellt. Ich steigerte meine Essensportionen auch nach 3 Jahren noch ganz geringfügig, die Verdauung bekam ich immer besser in den Griff, und auch schwierige Dinge wie anfangs mehrtägige, inzwischen mehrwöchige Urlaubsaufenthalte gelingen mir bis heute immer besser.
Dennoch habe ich zunehmend das Gefühl, dass diese Entwicklungen nicht ewig so weitergehen werden. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass mir bestimmte Dinge schwerer fallen als noch vor ein paar Monaten.
Es ist ein ständiger Balanceakt: man freut sich, immer wieder kleine Verbesserungen oder Steigerungen zu erreichen, aber gleichzeitig führt man sich immer näher an die Grenzen der körperlichen und mentalen Möglichkeiten.
Ein paar Beispiele:
Essen - die Aufnahme möglichst regelmäßiger Mahlzeiten pro Tag hindert mich oft daran, längeren Freizeitaktivitäten wie Wanderungen u.s.w. nachzugehen. Denn nach dem Essen (auch etwas kleinerer Portionen) kann ich nicht gut weiterlaufen. Also esse ich unterwegs nichts, und abends hau ich mir eine extra große Portion rein. Dabei stelle ich fest, dass meine Verdauung umso empfindlicher reagiert, je größer die Essensportionen sind. Fett oder Zucker haben bei größeren Mahlzeiten auch größere Wirkung. Durchfall oder Dumping entstehen leichter.
Einladungen ins Restaurant folge ich gern wegen der Geselligkeit, aber das Essen dort bzw. die Zeit danach wird mir schnell zur Qual, weil man da irgendwie immer zu schnell und zu viel isst und danach nur noch ganz schnell auf's Sofa will.
Schlafen - wegen der Refluxgefahr habe ich lange Zeit mit weit erhöhtem Oberkörper geschlafen und mir dadurch mit der Zeit Rückenprobleme eingehandelt. Seitdem habe ich den Winkel des erhöhten Kopfteils immer weiter reduziert, bis ich wieder an der Reflux-Grenze war. Auch wieder so ein Balanceakt.
Sport - ich will nicht leugnen, dass mir die Wiederaufnahme meiner sportlichen Aktivitäten zwar Spaß gemacht hat, dass es aber teilweise auch große Überwindung gekostet hat und mir sehr schwer gefallen ist. Auch heute noch stellen meine sportlichen Leistungsmöglichkeiten für mich eine ständig wechselnde Mischung aus Freude über Erfolge und Enttäuschung über zu schnelle Erschöpfung dar. Ich kann inzwischen aber meine Leistungsgrenzen, die mittlerweile auf einem erfreulich hohen Niveau liegen, recht gut akzeptieren.
Privatveranstaltungen - nach einigen nicht so erbaulichen Erfahrungen weiß ich inzwischen, dass der Besuch von Partys, Geburtstagsfeiern u.s.w. sehr anstrengend sein kann. Ein bis zwei Stunden die Freunde sehen und eine Kleinigkeit essen und trinken ist ok, aber dann will ich irgendwann dringend nach Hause. Ich bin froh, eine sehr verständnisvolle Frau zu haben, die mich dann immer klaglos nach Hause begleitet.
Arbeit - es hat mich sehr viel Kraft gekostet, meine tägliche Arbeit wieder aufzunehmen. Die täglichen 8 Stunden haben mir innerhalb weniger Monate gezeigt, wo meine Grenzen auch in Bezug auf Konzentrationsfähigkeit und Energie liegen. Dies war ein so unbefriedigender Zustand, dass ich mich dazu entschieden habe, doch früher, nämlich mit 61, in den Ruhestand zu gehen. Diesen Schritt habe ich nicht einen einzigen Tag bereut.
Bei all diesen Dingen mache ich immer wieder dieselbe Erfahrung:
Es ist gut und richtig, sich immer wieder an die Grenzen heranzutasten, denn nur so ist es möglich, diese Grenzen auch immer weiter hinauszuschieben. Dabei passiert es natürlich manchmal, dass man seine Grenzen überschreitet, und die Folgen können unangenehm sein, wie z.B. starke Bauchschmerzen, Durchfall, Dumping, Erschöpfung u.s.w.. Zudem kann man in solchen Situationen schon fest mit den gut gemeinten Kommentaren seiner lieben Mitmenschen rechnen: du hättest nicht, du solltest lieber, und beim nächsten Mal weißt du ja hoffentlich Bescheid.....
Dazu habe ich eine ganz klare Meinung: wer sich nicht immer wieder selbst herausfordert, der lernt nicht mit seinen Grenzen umzugehen. Und wer nichts wagt, der kann auch nichts gewinnen.